So weltoffen wie möglich und am Sonntag eben auch

Mit der politischen Einstellung des Selbstständigen ist das so eine Sache. Viele Einzelhändler, Gastronomen, Unternehmer alter Schule würden vielleicht sagen, dass man sie besser ganz raushält aus seinem/n Geschäft(en), um nicht mögliche Kundschaft zu vergrätzen. Allerdings gibt es immer mehr innerlich hässliche Gestalten dort draußen, die sich längst völlig unverblümt gegen demokratische Grundwerte und Menschenrechte aussprechen und ihre rassistischen, antisemitischen, sexistischen, homophoben oder komplett misanthropischen Theorien vor sich her tragen wie was Verdientes oder Gerechtes. Wie zynisch müsste man da sein, um selbst solchen Leuten noch auf den Geldbeutel zu schielen?

Uns war immer klar, dass unser Café ein Ort des Rückzugs, des Ausruhens und Innehaltens sein soll – ohne dass Barbara und ich überhaupt groß darüber geredet hätten. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass wir im Ribollita auch Rassisten, Frauen- oder Judenhasser bewirten wollen. Aber wir sind eben auch keine explizit beflaggte politische Adresse, von den zwei kleinen Regenbogenfahnen abgesehen.

Eine Momentaufnahme von der Demo gegen rechts am Sonntag, 21. Januar, auf dem Coburger Marktplatz. 4000 Menschen kamen und versicherten sich gegenseitig, dass sie in keiner Gesellschaft leben möchten, in der Hass, Ausgrenzung und Diskriminierung die Regeln bestimmen.

Vielmehr versuchen wir eher durch, nun, weiche Faktoren deutlich zu machen, dass sich das Ribollita der Welt möglichst weit öffnet. Musik und Speisekarte, die Teamauswahl und eine ganz grundsätzliche Freundlichkeit sind solche Faktoren. Und sich als GastgeberIn immer wieder selbst hinterfragen in und nach der Begegnung mit all den unterschiedlichen Menschen: Mit welchen Vorurteilen und Widersprüchlichkeiten im Kopf laufe ich eigentlich selbst durch den Tag?

Als ich zum Beispiel in den letzten Tagen losgezogen bin, um unseren neuen Flyer in Coburg zu verteilen, habe ich mich immer wieder dabei ertappt, wie ich mich bei besonders fremdländisch, sprich: vor allem arabisch, afrikanisch oder auch asiatisch klingenden Namen, zudem bei denen auf den eher schäbigeren Briefkästen, gefragt habe, ob sich das Einwerfen überhaupt lohnt. Ich dachte Sachen wie: Die kommen doch sowieso nicht zu uns. Und sogar: Ob die sich das überhaupt leisten können?

Das passt natürlich überhaupt nicht zu der Idee, dass sich im Ribollita quasi alle treffen, die unterschiedlichsten Menschen mit den unterschiedlichsten Ansichten und Vorurteilen, und hier ganz friedlich und fromm nebeneinander sitzen und sich heimlich verbinden in ihrer Freude an z.B. einem Teller heißer Gemüsesuppe. Eine solche Utopie haben wir. Die mag naiv sein. Aber aufgeben darf man solche Ideen auch nicht, sonst kann man es gleich bleiben lassen mit der Hoffnung.

Wir wollen dieses verspätete „Wort zum Sonntag“ hier aber mal beenden, das eigentlich nur auf eine ganz pragmatische Entscheidung fürs kommende Wochenende hinweisen soll(te): Zum „Lichtermeer gegen Rechtsextremismus und für unsere Demokratie“ am Sonntag, der zweiten großen Coburger Demo gegen rechts, ab 17.30 Uhr auf dem Albertsplatz und später auf dem Schlossplatz, werden wir das Ribollita ausnahmsweise öffnen – und zwar ab 14 bis ca. 17 Uhr. Es gibt Kuchen, Getränke, voraussichtlich auch Suppe. Und hoffentlich viele ganz unterschiedliche GästInnen, die dennoch ein gemeinsames Ziel verfolgen.

So, und hier dann noch der obligatorische Hinweis auf unsere neue Speisekarte: Unter der Woche stehen mit der Zuppa di sedano, verza e ceci (Suppe mit Sellerie, Wirsing und Kichererbsen) und den Pasta mit einem selbstgemachten Pesto aus dicken Bohnen zwei neue Gerichte darauf. Den nicht minder leckeren Rest findet ihr wie immer hier auf unserer neuen Homepage.