Vor ein paar Monaten verabredeten wir beide uns mit meinem ehemaligen, immer noch freundschaftlich verbundenen Berliner Kollegen Jochen Overbeck zu einer montaglichen Video-Mittagspause. Sie war dazu gedacht, uns das Medium Instagram ein Stück näher zu bringen. Der gute Mann kennt sich nämlich bestens aus damit. Sein Account – bebildert mit ästhetisch höchst ansprechenden und quer durch Europa und Amerika erstellten Aufnahmen von alten Automobilen, innehaltenswerter Architektur, reizenden Tieren und tollem Design (schaut es euch hier an!) – hat aktuell 25,7 mal so viele Follower wie der vom Ribollita.
Hängen geblieben ist vor allem Jochens erster Satz: „Ihr müsst euer Essen besser fotografieren!“ Da hat(te) er natürlich Recht. Ein paar Minuten mehr in die Auswahl von Perspektive, Arrangement, Bildausschnitt und die furchtlose Nachbearbeitung – das sollte schon drin sein. Ich finde, wir sind da auch besser geworden. Und jedes Like-Herzchen, das Jochen uns zuweist, interpretiere ich seitdem als Lehrer-Fleißbienchen.
Auf der anderen Seite bleibt mit Blick in unseren und andere Instagram-Accounts immer wieder ein schaler Geschmack zurück. Denn das, was unsere Küche nach unserer Meinung besonders auszeichnet, bleibt für Instagram (und Facebook usw.) unsichtbar: der Geschmack, die Aromen und das Wohlgefühl, das unser Essen in einem hinterlässt. Gleichzeitig fühlt man sich gerade als Gastronom ständig herausgefordert, der Mode der Wimmelbild-Teller bzw. Teller-Wimmelbilder, random zusammengewürfelten Bowls und überdekorierten, mit bunten Beerchen, Sprossen und sogar Blümchen zugeworfenen Speisen nachzueifern.
Ich muss da immer wieder an ein noch junges Restaurant denken, das dem Trend des Anrichtespektakels von Anfang an sehr erfolgreich folgt. Als wir es gleich nach der Eröffnung besuchten, fanden wir das Gesamtpaket Geschmack/Preis-Leistung eher so lala. Mir bleibt aber vor allem das gereichte Brot im Gedächtnis, das optisch und haptisch zunächst einen guten Eindruck machte, mir dann aber seltsam muffig in die Nase stieg und letztlich nach allem Möglichen schmeckte, nur nicht nach Brot. Ehrlich gesagt war es kaum genießbar.
Seitdem klicke ich mich alle paar Wochen in deren Bewertungen und Kommentare, um zu sehen, wann endlich jemand etwas über dieses Brot schreibt. Aber es kommt nichts. Vielleicht habe ich ja auch einfach einen eigenwilligen Brotgeschmack. Oder sie haben es gleich an Tag 3 ausgetauscht gegen etwas, was nicht nur aussieht wie Brot.
Es gibt übrigens gleich zwei Gründe, warum sich dieser Newsletter um das Thema socialmediale Foodfotografierei dreht. Zum einen steht unser Instagram-Account in genau diesem Moment kurz davor, die Schallmauer von 1000 Follower*innen zu durchbrechen. Ui, aufregend! Und außerdem war ich die Tage besonders herausgefordert, ein möglichst apartes Bild von einem Crêpe zu machen. Null Deko, die Marillenmarmeladen-Füllung nichts als ein unsichtbares Versprechen, nur ein Teller und ein Crêpe. Denn am Samstag werfen wir nach langer Pause endlich wieder unser, ähm, heißes Eisen an und backen euch ab Mittag was Leckeres raus, gefüllt mit Apfelmus oder Schoko oder Marmelade oder Zimt und Zucker – und das alles vegan!
Aber bevor ihr die Woche süß bei uns abschließt, dürft ihr euch erst einmal mit unserer herzhaften neuen Karte vertraut machen. Darin stehen neben Minestrone, Pasta mit Blumenkohl, einer Kichererbsen-Kastanien-Suppe und den Spaghetti mit Tomaten-Lorbeer-Sugo zwei neue bzw. reizvoll abgewandelte Gerichte: die Fusilli con cavolo nero e salsiccia, also mit Schwarzkohl und Bratwurst, am Donnerstag sowie Pasta e fagioli con radicchio e scarole – Nudeln mit weißen Bohnen, Radicchio und Endivien am Freitag. Hinter diesem Link versteckt sich die komplette Wochenkarte.
P.S.: Wen es interessiert: Ein nicht mehr ganz aktuelles, aber sicherlich inhaltlich noch weitgehend zutreffendes Interview zum Thema Foodfotografie und wie sie unsere Essgewohnheiten beeinflusst, aus dem Berliner „Tagesspiegel“ – findet sich hier.