Bei uns zu Hause hießen sie so schlicht wie unmusikalisch „Spaghetti mit Hackfleischsoße“ und das war genauso treffend wie die (hervorragende) Hartwurst vom Metzger aus dem Heimatdorf meiner Mutter eben auch ganz hart „Hartwurst“ genannt wurde und nicht etwa Salami. Beides lecker, aber meilenweit entfernt von irgendwelchen italienischen Originalen.
Und wenn da nicht auch die Kindheitserinnerung doch einiges verklärt … Die Hackfleischsoße meiner Mutter bestand im Kern aus einer behaupteten „Tomatensauce“ aus einem signalfarbenen Maggi-Päckchen mit irgendeinem rötlichen Pulver darin. Dazu kamen Tomatenmark (nicht verkehrt) und Sahne (eher fragwürdig). Erst viel später lernte ich die Fruchtigkeit echter Tomatensaucen kennen und was es mit einem Ragù alla bolognese macht, wenn man den (frischen) Zutaten Gelegenheit gibt, für mehrere Stunden miteinander einzukochen. Denn selbst wenn wir im Urlaub an der Adria oder Rivera waren, stand in unserer Ferienwohnung oberfränkische „Spaghetti mit Hackfleischsoße“ auf dem Tisch. Einen Restaurantbesuch leisteten wir uns selten, und dann doch lieber wegen einer richtigen Pizza.
Das hierzulande so beliebte Ragù, also das Original, stammt aus Bologna, der vielleicht wichtigsten kulinarischen Wiege Norditaliens. Und dort blubbert der Sugo aus Hackfleisch, Zwiebel, Karotte, Staudensellerie, Rotwein, passierten Tomaten und Tomatenmark nicht nur ewig vor sich hin. Er wird vor allem auf gar keinen Fall mit Spaghetti serviert – sondern mit Eiernudeln, am liebsten Tagliatelle. Die für Bolognesen undenkbare Kombination mit den Hartweizen-Nudeln stammt hingegen aus den USA (wie zum Beispiel auch die Kombination Spaghetti mit Meatballs). Zumindest tauchte sie dort zum ersten Mal Anfang des vergangenen Jahrhunderts in einer Rezeptsammlung auf – noch mit Makkaroni in der italienischsprachigen, dann mit Spaghetti in der englischen. Denn die waren am besten verfügbar in den Geschäften New Yorks und ohne großen Aufwand servierfertig.
Päpstlich wollen wir aber auch nicht sein. Die erste Regel soll lauten: Hauptsache, es schmeckt! Für das Ragù alla bolognese, das am Donnerstagvormittag in unserem großen Topf vor sich hin blubbern wird, bereiten wir auch keine Eierpasta zu. Und wir lassen auch noch das Fleisch weg und ersetzen es durch Sojaschnetzel. Damit haben wir sogar schon in der Blindverkostung eingeschworene Fleischesser gekriegt. Also kommt vorbei, kostet selbst und füttert eure Männer und Kinder damit (oder umgekehrt: die euch)!
In dieser durch den Feiertag verkürzten Ribollita-Woche gibt es außerdem ein leckeres Kürbis-Risotto (am Mittwoch), Weiße-Bohnen-Suppe mit Dinkel und Pancetta (ebenfalls am Donnerstag) und Kichererbsen-Kastanien-Suppe (am Freitag und Samstag). Die komplette, nicht von ungefähr ziemlich herbstliche Wochenkarte findet sich wieder hier auf unserer Homepage.
P.S.: Spaghetti oder Fleischersatz – das kann „die Bolognese“ auf jeden Fall ab. Aber dass es Menschen gibt, die sie tatsächlich Bolo nennen, das ist ein Verbrechen!